nathalie detsch southworth

Paintings


 



Ein bekannter Kunsthistoriker zitierte in seiner Beschreibung von Nathalie Detschs Bildern Kandinskys „inneren Klang der Natur“ - eine Sinnverschmelzung, die das Wesen der Wirklichkeit durch die Form der Kunst erahnen und sichtbar werden lässt. Nicht konkrete, reale Darstellungen, sondern oft mystische Formen und Zeichen sind es, die dazu einladen, im Dialog die eigenen Wahrnehmungen und Energiefelder zu reflektieren. Nicht umsonst wurde Nathalie Detsch in den avantgardistischen Kreis der „Archetypischen Expressionisten“ aufgenommen. Mehr über diese noch junge Kunstrichtung finden Sie unter www.archetypalexpressionism.com.

Ernst Bannwart, Text anlässlich der Ausstellung im Gemeindehaus Birmenstorf 2021

_________________________________________________________________________________________________________________


Inspirieren lässt sich die Künstlerin vor allem auf Reisen durch Begegnung mit anderen Kulturen, durch Bücher der Geschichte und der Archäologie, durch Ausflüge in Museen und Galerien sowie durch die fantasievolle und direkte Wahrnehmung von Kinderzeichnungen, darunter auch ihre eigenen. Archäo-logisches und Mythisches verbinden sich dabei nahtlos.

Die Bildtitel verweisen auf die verschiedenen Inspirationsquellen – unter anderem finden sich neben musikalischen Referenzen (1: «the music we are» J. Rumi, 2013; 8: le chant du plâteau iranien, 2016;    10: carmina, 2017) ebenfalls Verweise auf die grafische Uli-Kunst in Nigeria und auch mystische Wesen wie Drachen sind zu finden (35: dragon pattern, 2019).

Besondere Aufmerksamkeit widmet die Künstlerin der Kalligraphie. Rhythmisch setzt sie an und verteilt ihre mit chinesischer Tusche kreierten Zeichen vor einem linienartigen gestalteten Hintergrund.

Schon Ernst Bannwart (Galerie Claudine Hohl, 2010) notierte, dass Nathalies Themen «magisch, kultisch sind» und «damit einer grellen virtuellen Welt diametral gegenüberstehen. Es sind Bilder, die uns vielleicht aus eigenen archaischen Genen nicht unvertraut erscheinen, aber doch immer wieder einladen, uns auf das einzulassen, was  wir mit den Händen nicht fassen und mit den Augen nicht abschliessend begreifen können.»

Damit verweist Ernst Bannwart auf den deutschen Philosophen und Anthropologen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (* 27. Januar 1775 in Leonberg, Herzogtum Württemberg; † 20. August 1854 in Ragaz, Kanton St. Gallen). Schelling stellt die Kunst an die Spitze des Erkennens und Erkundens unserer Welt: Für Schelling sei einzig die Kunst fähig, die Welt als Gesamtes begreifen zu können. (Die Annahme, das Wirklichkeit auf einen Gott zurückgeht, lehnt Schelling ab). Es ist die Kunst und die mit ihr verbundene Vorstellungsleistung, die in ihr steckt, unsere Welt zu analysieren. Dies führt zu folgenden Reflexionsebenen, die bis heute andauern:


  • Kunst ermöglicht die sogenannte «Remythologiesierung» der Welt; die Welt wird in einem Gesamtzusammenhang gelesen;
  • die «verborgenen Kräfte» sind das Wesen der Wirklichkeit. Linien und Farben – also Kunst –  sind das bevorzugte Mittel, diese Kräfte zu erkennen (vgl. die Notenlinien als Leitmotiv im Werk von Nathalie: Die Notenlinien zittern vor Energie. Es ist die Abstraktheit der Linie, welche immer wieder neue Verbindungsmöglichkeiten und ein Hin- und Herbewegen zwischen Zeit (vgl. Kinderzeichnungen) und Raum schafft.
  • Für Schelling ist es Aufgabe der Künstlerin oder des Künstlers, das Verhältnis zwischen Kunst und Wirklichkeit zu bestimmen.


Bei Nathalie ist dieses Verhältnis durch eine latente Abstraktion erkennbar. Formen und Motive haben unterschiedliche Präsenzen, es können auch Gegenstände erkennbar sein, aber das rein Malerische wird mit malerischen Mitteln aufgelöst – die Vorliebe für grafische Kunst (Uli, Nigeria, Kalligrafie, Noten, etc.) ist daher kein Zufall.

Im Werk von Nathalie findet somit eine Ablösung der sichtbaren Welt statt: Nicht das geometrisch-lineare, sondern das kurvi-lineare überwiegt: Es sind Kraftlinien, Energielinien und daher Energiefelder sowie «Farbtöne».

Künstlerinnen und Künstler erfahren die Wirklichkeit vom Essentiellen her (Kandinsky spricht vom «inneren Klang der Natur»): Es ist eine weitere Aufgabe des Künstlers, das Essentielle in eine Form zu bringen:


  • Die Natur evoziert, sie hat keine abbildbare Gestalt (jede abbildliche Konnotation ist aufgegeben);
  • Das künstlerische Tun gibt jedem Bild eine autonome Form (das Finden von Linien und Farben);
  • Synästhesien erlauben es, den Bilderrahmen zu durchbrechen. Das Wort Synästhesie setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern syn (= zusammen) und aisthesis (= Empfindung). Synästhesie bedeutet «Sinnesverschmelzung».

 

Dr. Rudolf Velhagen, Kunsthistoriker Zürich, Ortsmuseum Meilen 2019

_____________________________________________________________________________________


Nathalie Detsch Southworth creates mysterious surfaces in her mixed media paintings. The artist's works consist of quickly applied thin rivulets, ingenious interludes of painterly strokes, often with references to ancient scripts and musical notations that are immediately seductive. The most striking aspect of this new work is how the deep colors and expressive gestures act as a foil for the artist’s main concern - to create paintings that seem purposely "undone" through the visual and spiritual connection of what appear to be interstitial spaces within the openness of each work.

Nathalie Detsch Southworth is an intense surface-worrier and segmenter of planes and no wonder: her works are bold experiments in the structuring of space without using the the traditional methodologies applied to the surface. Using mixed media applied so as to signal the greatest amount of surface tension spread out against the pictorial planes, the artist's paintings are ethereally transparent. Their bold fluidity seems to be on the verge of purposeful infinity.

The analytic and the sensual in these paintings, two oppositional qualities, are kept in harmonious balance as the artist deploys the notation and abstracted calligraphy to demarcate passageways and container edges of her spaces. These platonic structures pervade the new paintings. Using this format as understructure, and then tantalizingly applying the coloristic skeins adds a note of extraordinarily baroque elasticity to Nathalie Detsch Southworth’s abstractions containing at times representational elements.

In effect, the artist's images are vestigial ones on the verge of on the cusp between meltdown and metamorphosis - a liminal state that resists identifiable locus. Looking at these paintings closely we are immediately taken with their ambiguity - as if these works were testing the eye and challenging it with what it can see over time. Pace, boldness, permeability, and structured etherialization are the hallmarks of Nathalie Detsch Southworth’s new works which exemplify the ingenuity taking flight.

Here, we find a type of plenitude in the scattered distribution of light and paint that is somehow enclosed, held in check, totalized and grounded by the systematized matrix of scribbles and notations found in each painting buoyed by a saturated sense of indeterminacy as counterpoints felt in each work. Nathalie Detsch Southworth deftly plays with oppositions here: on the one hand applying the common identification of light- ness with immateriality, on the other hand finding a way to root the ideal into the earth through the guttural expression of her paint handling, through the energetics of the mortal body's hand.

The result is an intense experience, which visually insinuates a presencing of an incipient expansion principle on the verge of filling pictorial space. At the same time as this transcendent intention is expressed and seen, an antithetical visual aspect comes into play. The intense physicality of the artist’s brush strokes heightens the materiality of the pictorial plane as well as the facticity of the artist's working practices. In seeking the ultimate affinity between the morphological laws of organic and inorganic nature Nathalie Detsch Southworth express es a remarkable integrative ideal while producing unforgettable images to the delight of her viewers.


John Austin, art writer living and working in Manhattan, New York, 2017

____________________________________________________________________________________

Nathalie lebt in einer Welt der Farben und Formen; schon immer. Sie pflegt ihre ganz eigene Wahrnehmung, die einerseits von einer sensiblen Ästhetik, andererseits von unbeschwerter und unverdorbener Freude am Schönen geprägt ist. Ein überaus geheimnisträchtiger Spannungsbogen für ausdrucksstarke Geschichten, die sie in ihren Bildern in beredetes Schweigen hüllt.

Inspirieren lässt sich Nathalie vor allem auf Reisen durch Begegnung mit anderen Kulturen, durch Bücher der Geschichte, der Kulturen und der Archäologie. Oder auf Ausflügen in Museen und Galerien - und nicht zuletzt durch die fantasievolle Sicht der Kinder, die sie in ihrer Direktheit immer wieder fasziniert.

Zu ihrem Geheimnis gehört wohl, wie sich gewisse Formen bei ihr richtiggehend eingenistet und ein Zuhause gefunden haben. Sie tauchen in ihren Bildern auf und verändern sich mit der Zeit fast unmerklich. Sie verbinden sich dabei mit bereits Dagewesenem, bis sie schliesslich zu eigenen neuen Formen mutieren und sich mit dem ganzen Geschehen auf scheinbar selbstverständliche Weise verweben. Und dies so lange, bis sie auf ihrer Reise wie durch eine Wiedergeburt in den Bildern der Gegenwart angekommen sind. So verwebt sich Altes, Archäologisches und Mythisches nahtlos mit der Gegenwart, was nicht zuletzt in ihren Farbkompositionen zum Ausdruck kommt. Die Künstlerin hegt auch eine grosse Liebe zur Kalligrafie. Rhythmisch setzt sie an und verteilt ihre Zeichen vor einem linienartig gestalteten Hintergrund. Das Schwarz ihrer Kalligrafie ist chinesische Tusche. Die gewählten Zeichen bedeuten Nathalie a priori Schrift, und mit ihnen lehnt sie sich der Jahrtausende alten chinesischen Tuschmalerei oder auch der arabischen Kalligraphie an.

Nathalie's Themen sind magisch, kultisch und stehen damit einer grellen virtuellen Welt diametral gegenüber. Es sind Bilder, die uns vielleicht aus eigenen archaischen Genen nicht unvertraut erscheinen, aber doch immer wieder einladen, uns auf das einzulassen, was wir mit den Händen nicht fassen und mit den Augen nicht abschliessend begreifen können. Könnte es sein, dass die Malerin gar etwas festhalten möchte, was wir sorglos zu verlieren im Begriffe sind: die Fähigkeit, in uns selbst hineinzuhören und damit unsere Verbindung zu unserem eigenen Ursprung zu wahren?


Ernst Bannwart, Galerie Claudine Hohl, 2010 

_________________________________________________________________________________________________________________


Nathalie Detsch Southworth’s paintings are mythical pictures that seek to connect us back to our origins, to the beginning of civilisation and the cradle of humanity, each image a commingling of calligraphic markings, symbols and flat bold colours that are reminiscent of tiles, mosaics and religious murals on the walls of ancient temples.

There is something incredibly pure and simple about these paintings as if Southworth transcends the modern, the contemporary, and digs deeper into our primal selves, into the embers of our soul that was once alive to the elements, to the tactile feeling of the superstitious, the mystic. The magical essence of living in a world that was understood through the intercession of the gods.

We are witness to a direct appropriation of a cultural lexicon that has been passed down through generations, has been lost amidst the desperate need for humanity to advance, a pursuit that has led to us forgetting our humble beginnings and our deep connection to the splendour of the world and the universe around us.

In Southworth’s paintings we are taken on a trip through the ancient world, on a fantastical journey through time, an exploration of mythical beasts and arabic calligraphy. She presents us with a rhythmical picture that beats away deep within our belly. Quiet. Yet persistent. Waiting to be heard, to triumphantly proclaim the majesty of our history.


Moray Mair: www.mutantspace.com, August 2014